Außen, nicht innen!

Wiewohl es eine große Anzahl an Außendiensttätigkeiten gibt, die sich in der konkreten Art der Tätigkeit, der Qualifikation der Mitarbeiter, den Arbeitsabläufen, den bevorzugten Geschäftsmodellen, der Vergütung und manch anderem unterscheiden, bleibt doch eine Gemeinsamkeit, die das Bild prägt: die Tatsache, dass die Arbeit (der „Dienst“) draußen stattfindet. Draußen beim Kunden, nicht drinnen im Unternehmen! Jedenfalls den größten Teil der Arbeitszeit. Das scheint die Arbeitnehmerwelt in zwei Lager zu teilen – in „Klasse! Geht prima!“ oder „Geht gar nicht!“

In der Vorstellung der meisten Durchschnittsbürger ist der Außendienstler männlich. (Statistisch gesehen stimmt das. Nur ca. 20 Prozent der Außendienstmitarbeiter sind weiblich.) Er ist mit einem Mittelklassewagen in der Republik unterwegs, vorwiegend mit überhöhter Geschwindigkeit auf der Überholspur, und sitzt jeden Abend mehr oder weniger betrübt einsam an der Hotelbar. Denn er ist nun mal nicht der Traumpartner für bindungswillige Frauen, denn Work-Life-Balance setzt voraus, dass der Partner spätestens gegen 18.00 Uhr zuhause aufschlägt und den Abend mit Freunden oder Familie beim Sport oder beim sommerlichen Grillabend im Grünen verbringt. Dass die meisten Abende dann doch auf dem Sofa vor dem Fernseher enden, sei mal dahingestellt.

Wahlweise wird er als notorischer Fremdgeher betrachtet. Denn er hat ja die Möglichkeiten dazu und Gelegenheiten werden reichlich vermutet.

Mit Kontakten scheint er sich also schwer zu tun. Denn auch die Kollegen vom Innendienst, die in der Firma, sieht er nicht regelmäßig. Und der Kollege Außendienstler – ja, ist der nicht eigentlich Konkurrent? Scheitert der vertrauensvolle Austausch nicht daran, dass die eigenen Zahlen an denen der anderen Außendienstler gemessen werden? Kann man wirklich ganz locker miteinander umgehen, wenn es interne Rankings gibt, die den jeweiligen Leistungsstand der Kollegen miteinander vergleichen und auch kommunizieren?

Vermisst er diese Kontakte? Das Bild des Einzelkämpfers ist in den Köpfen. Auch in vielen Köpfen von Außendienstlern. Da ist die Rede von selbstbestimmtem Arbeiten, eigenständiger Planung von Wochen- und Tagesabläufen und von vielen kleinen Freiheiten, die man hat. Aber auch von Entscheidungen, die man allein trifft, von absoluter Erfolgsorientierung, davon, dass man eine starke Persönlichkeit ist und dass man im Grunde seines Herzens die anderen nicht braucht. Kontakte zu Kollegen? Man hat doch den Kunden, auf den will man sich konzentrieren. Ein Schwätzchen halten kann man mit dem auch!

Das wird es aufgebaut und hochstilisiert: Das Bild des einsamen Helden, der das Leben meistert, allein am Lagerfeuer sitzend wie früher der Marlboro Mann, bevor er von gesundheitsbewussten Mitmenschen aus der Werbung vertrieben wurde! Allein in den Sonnenuntergang reitend, sein Pferd als sein einziger Freund!

Aber es gibt auch andere: diejenigen, die sich austauschen wollen und das auch tun, die Feedback möchten dazu, wie sie auftreten, wie sie wirken, die den Kontakt ins Unternehmen halten. Die Partner, ja sogar Familie haben, die den Außendienst als einen Teil des Berufes akzeptieren. Das Leben ist nun mal kein Ponyhof und man kann nicht alles haben. Vor allem nicht gleichzeitig! Diese Sichtweise widerspricht dem Stereotyp, dass Außendienstler Teams grundsätzlich als überflüssig betrachten. Und es trägt der Tatsache Rechnung, dass sehr oft Mitarbeiter aus unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens in die Vermarktungsaktivitäten und Kundenbetreuung eingebunden sind.

Vermutlich ist es also auch eine Typfrage, ob jemand eher als „lonesome cowboy“ durch die Prärien streift immer auf der Suche nach neuen Abenteuern.  Oder – um ein anderes Bild aus dem Western zu bemühen – im Team die Rinderherden gen Norden zu den Schlachthöfen treibt!

Ihre

Sabine Kanzler

Bild: Tanti Ruwani | flickr.com | CC by 2.0 | Ausschnitt