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New Work oder Polizeiruf 110 …?

IMG_3403 (2)Folgende Situation: Sie kommen nach einem kurzen Gang auf die Toilette zurück an Ihren Schreibtisch und sehen in Ihrem geöffneten Browser die Abfrage „10 ways to kill a colleague you hate“. Oder Stellen Sie sich vor, Sie bekommen eine Mail über den Firmenaccount von einem Kollegen „Wie viele Jahre Gefängnisstrafe gibt es für Waffenhandel im Darknet? Frage für einen Freund.“

Was denken Sie?

Trauen Sie Ihren Augen? Wird Ihnen flau in der Magengegend? Fällt Ihnen ein, dass vor kurzem doch  der Gedenktag für den Amoklauf des Schülers in Erfurt war? Denken Sie an München, wo ein junger Mann an seine Mitschüler eine Mail geschrieben und sie zu McDonald auf ein Freigetränk eingeladen hat? Oder hoffen Sie ganz einfach, dass das alles nicht wahr ist und dass nichts passieren wird?

Wenn Sie sich von der ersten Überraschung erholt haben, was tun Sie dann? Nichts? Einen Kollegen ansprechen und um Rat fragen? Die Polizei anrufen?

Und nun – wir kommen zum Ende der Geschichte – stellen Sie sich weiterhin vor, dass Sie nach einer Stunde mit Grübeln, mit Sorge und Verunsicherung einen Kollegen sehen, der sich vor Begeisterung auf die Schenkel schlägt, der strahlt und sich ganz offensichtlich freut! „Ich war das! War Spaß! Bist Du drauf reingefallen?“

Ein abwegiger Gedanke? Seien Sie nicht so sicher! Das Netzwerk, das sich als führend im Bereich „New Work“ bezeichnet, hat in seinem redaktionellen Teil diese und weitere Ideen aufgelistet. Wenn die Stimmung im Büro wieder mal ganz unten ist, dann können Sie mit solchen Scherzen Lachen in den Büroalltag bringen. Meint Xing in Xing Spielraum!

Weitere Vorschläge?

  • 1. Mitten in einer Telefonkonferenz sagen „Ist okay, ich bin stummgeschaltet. Sind die Scharfschützen in Position? Denkt daran, NUR auf mein Kommando!“.
  • So lange im Büro bleiben, bis die Kollegen weg sind. 2. Mit Kreppband den Umriss eines Menschen auf den Boden am Arbeitsplatz kleben und ein Schild mit der Aufschrift „Tatort“ ausdrucken und aufstellen 3. Nächsten Tag frei machen/spät kommen.

Seit ich das gelesen habe, frage ich mich, ob ich vielleicht zu alt bin, um so etwas lustig zu finden. Oder zu humorlos. Oder beides. Denn all diese Ideen werden auf Kosten anderer gemacht und spielen mit der Schadenfreude denjenigen gegenüber, die den „Scherz“ ernst genommen haben. Und mit deren Angst.

Nun ist Schadenfreude etwas ziemlich Normales. Jeder kennt sie, keiner ist frei von ihr. Am 1. April ist sie sogar institutionalisiert. Sich bei Schadenfreude „mal zu erwischen“ ist also völlig normal Aber eine Liste von bis jetzt 52 (!!) Vorschlägen zu veröffentlichen, wie man Kollegen veräppeln bis richtig reinlegen und in unangenehme Gefühlslagen bringen kann, das hat doch noch eine andere Qualität – für mich jedenfalls. Was ist das für ein Arbeitsumfeld, in dem man so miteinander umgeht? In dem man Spaß mit solchen Aktionen hat und sogar Punkte vergibt? Gibt es da am Monatsende regelmäßig ein Mitarbeiterranking? Wer am meisten Punkte hat, der … ja, was eigentlich?

Was heißt das fürs Recruiting, wenn solche Bürospäße zum Arbeitsalltag gehören? Was bedeutet das für Bewerber? Nach welchen Kriterien wird dann ausgewählt? Wie positioniert man sich als jemand, der ganz anders tickt? Was für einen Stand unter den Kollegen hat man dann? Welche Rolle spielen Vorgesetzte in solch einem Szenario? Wen müssen Sie schützen? Die Spaßbereiter vor denen, die nicht mitmachen wollen? Diejenigen, denen solche Scherze gegen den Strich gehen, vor den Scherzbolden? Und müssen sie mitmachen?

Ganz ehrlich: Wenn DAS die schöne neue Arbeitswelt ist, dann bin ich gerne altmodisch! Und bleibe es auch.

Ach, und noch etwas: Bleiben Sie vorsichtig! In einer ganzen Reihe von Unternehmen werden Sie für Scherze dieser Art abgemahnt. Mindestens!

 

Ihre Sabine Kanzler